Dialog und Spiritualität in der sozial-ökonomischen Transformation
Als ich anfing zu schreiben, wollte ich meine langjährigeTätigkeit im KDA sozialethisch im Horizont der anstehenden sozial-ökonomischen Transformation reflektieren. Am Ende ist es im Kern ein spirituelles Buch in der Klima-Corona-Krise geworden, in der ich für mich der Frage nachspüre: Wie glaube ich in dieser Zeit und wie kann ich heute meinen Glauben zur Sprache bringen, auch und gerade in Arbeitswelt und Wirtschaft?
Meine Ausgangsthese lautet dabei: Nur in qualifizierten Dialogen auf Augenhöhe, die von zuhörendem Sprechen geprägt sind, ist wirklicher Erkenntniszuwachs zu gewinnen. Solche Dialoge habe ich gesucht und auch geführt, ich bin dankbar für analoge und digitale Begegnungen mit Birgit Mattausch, Anette Fintz, Sina Adrian Vollmer oder Kübra Gümüşay, um nur einige zu nennen. Mit anderen bin ich der Lektüre ihrer Texte in einen inneren Dialog gegangen, Charles Eisenstein und Joanna Macy wären da zu nennen, Sarah Spiekermann und Jens Beckert.
Viele dieser Dialogerfahrungen habe ich mit meiner Frau Christine auf dem Hintergrund unserer persönlichen Begegnung mit dem »Urvater von New Work«, Frithjof Bergmann hin und her bedacht. Seit 2007 befinden wir beide uns hier in einem permanenten Reflexionsprozess nicht nur persönlich herauszufinden, was ich »wirklich, wirklich will«, sondern dies in konkretes Handeln umzusetzen, als Einzelne und mit anderen zusammen. Christine ist im Entstehungsprozess meine »Erstmitdenkerin« gewesen, es steckt auch viel von ihr zwischen den Buchdeckeln und ich bin dankbar, dass sie solch eine Dialogpartnerin für mich ist.
Die Bandbreite dieser Frauen und Männer unterstreicht mein Anliegen: Ich möchte unverbundenes verbinden. Ich bin ein Netz-Werker, darin liegt meine besondere Stärke: Netze knüpfen und verstärken, damit sich Ideen, Menschen, Projekte im besten Sinne darin »verfangen«, auf dem Weg zur Zukunftskunstfertigkeit, wie ich das im Anschluss an Uwe Schneidewind nenne.
Die spirituelle Dimension war von Anfang an im Blick, rückte aber im Verlauf des Schreibens immer mehr ins Zentrum. »Frei sprechen, um zu werden«, sagt Kübra Gümüşay, ich nehme das auf und sage, es gilt für mich: Glauben, um zu werden. Dazu muss die biblisch-christliche Tradition neu durchbuchstabiert werden, wahrlich keine neue Erkenntnis, aber im je neuen Kontext stets neu zu vollziehen. Und das ist schwer, weil die Sprache zunächst fehlt und gefunden, »geschaffen« werden muss. Ich stehe da noch ganz am Anfang, wie Gottvertrauen im Rahmen der Klima-Corona-Krise so zur Sprache gebracht werden kann, dass es meine Grundgestimmtheit, meine Haltung bestimmt und dann auch mein Handeln beflügelt. Einige tastende Versuche finden sich in diesem Buch, es ist noch viel zu entdecken auf dem Weg zu einer Geschwisterlichkeit mit allen Geschöpfen. Franz von Assisi spricht im Sonnengesang von Bruder Feuer und Schwester Wind, dies aufnehmend lobe ich Gott heute für Bruder Internet und – Schwester Corona.