Neulich wurde ich gefragt, ob ich den neben den ganzen Social-Media-Aktivitäten überhaupt noch zur Gemeindearbeit komme, zumal von mir darüber so gut wie nichts auf Facebook und Co. zu lesen sei. Da habe ich gelächelt und gesagt, das ist Absicht, die »ganz normale«, alltägliche Gemeindearbeit hat auf Facebook nichts zu suchen.
Ich habe hinterher angefangen zu überlegen, wofür ich die sozialen Netzwerke dann überhaupt nutze.
Dieses Blog ist die zentrale Stelle, über alles und jedes zu reflektieren. Es ist eine Spielwiese für theologische, politische Fragestellungen, aber auch für Rezensionen und Kleinigkeiten. Wahrscheinlich kommt auf dem Blog am meisten Gemeindearbeit mit vor, aber eben nicht offen, sondern indirekt. Gespräche, Erfahrungen beschäftigen mich unterschwellig weiter und fließen dann irgendwann mit ein in einen Text.
Facebook ist eine Möglichkeit für mich, mit einer großen Zahl von Menschen über viele Themen in Kontakt zu sein und zu treten. Es gibt neben »Kirche« eine ganze Reihe von Netzwerken, die sich hier miteinander verbinden lassen. Ich finde es hochspannend, mit vielen Menschen lose verbunden zu sein, eigene Meinungen, Beobachtungen mitzu-teilen und auch von anderen zu lesen und zu sehen, was sie beschäftigt, genauer: was sie bereit sind, von dem, was sie beschäftigt öffentlich zu machen. Wirklich persönliches wird man hier von mir nicht finden, wenn ich auch weiß, dass Expert/inn/en aus meinen Beiträgen ein Profil erstellen können. Der Gemeindealltag kommt höchstens hier und da einmal vor, eben unter der Überschrift: #waspfarrersomachen. Aber eben weniger in der Zuspitzung auf meine pfarramtliche Tätigkeit, sondern eher allgemein.
Es ist ein Stück weit Absicht, mich als Pfarrer zu outen, weil ich immer wieder erlebe, dass Menschen relativ wenig konkrete Vorstellungen davon haben, was ein Pfarrer, eine Pfarrerin so den ganzen Tag über macht. Ich bin auch nur mit wenigen Menschen aus der Gemeinde auf Facebook verbunden und verschicke hier auch keine Freundschaftsanfragen, die sollen, wenn sie kommen, von den Gemeindegliedern selber kommen. Einige haben mich mittlerweile gefunden und wenn ich dann mal einen meiner seltenen Hinweise schreibe: »Gleich Schulgottesdienst mit achtzig Kindern zur Zachäusgeschichte«, dann kommt auch schon mal ein »Gefällt mir« aus der Gemeinde. Oder: Vor einigen Monaten habe ich Bilder vom Richtfest der KiTa-Erweiterung gepostet und eine Frau schrieb: »Toll, danke, unser Kind kommt nach den Ferien in diese KiTa!« Aber mit solchen gemeindebezogenen Postings bin ich zurückhaltend. Sie bleiben allgemein und geben keine Informationen, die mann/frau nicht auch anderswo finden kann. (Vom KiTa-Richtfest z.B. gab es auch Berichte in den lokalen Zeitungen.)
Twitter nutze ich noch gar nicht lange. Momentan habe ich den Eindruck, dass hier der Schwerpunkt auf der kollegialen Unterstützung liegt. #waspfarrersomachen gibt es noch nicht so lange und ich merke, dass es gut tut, mich hier mit anderen zu verbinden, die ähnliche Erfahrungen machen und wissen, wovon ich spreche, wenn ich z.B. twittere: »Habe drei Beerdigungen in den nächsten zwei Tagen.« Oder: »Gleich schwierige Sitzung.« Mehr muss ich nicht schreiben, Insider/innen wissen, was ich meine. Und ich freue mich dann über eine mutmachende Mitteilung in 140er-Länge oder die Favorisierung und gebe sie auch anderen. Solche Unterstützung habe ich auch von meinen beiden Pfarrerskollegen vor Ort, aber da haben wir nur einmal in der Woche Dienstbesprechung und die beiden haben weder Facebook noch Twitter. Es sind fünfzehn, vielleicht zwanzig Pfarrer/innen, mit denen ich hier in Kontakt stehe und ich erlebe das als emotionale und geistliche Unterstützung, manchmal auch als ganz handfeste Antwort auf Fragen.
Drei Gedanken zum Schluss:
Social Media läuft nebenbei, das ist keine Arbeit und keine Anstrengung. Nur so macht es Sinn. Beim Bloggen ist das anders, das dauert schon mal. Aber der Effekt, Gedanken aus meinem Kopf in einen Text gebracht zu haben, erleichtert mir wieder die Zuwendung zu anderen Aufgaben, ist ein Teil von Meditation und Kontemplation.
Das zweite: Es macht Spaß, Menschen kennenzulernen in den sozialen Netzwerke. Mit der Zeit wächst der Wunsch, diese Menschen auch mal in der »realen« Welt zu treffen. Das hat verschiedentlich auch schon geklappt, weitere Begegnungen sind in Planung.
Und das dritte und wichtigste: Meine Präsenz in den sozialen Netzwerken ist eine bewusste Inszenierung. Ich überlege relativ genau, was ich schreibe und was nicht. Es ist persönlich, aber nicht privat. Und der Gemeindealltag hat hier weitgehend nichts zu suchen.
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Irgendwie klappt es grade nicht, bei Theo-denkt (= Roland Kupski) einen Kommentar zu hinterlassen.Er hat heute früh sein Blog geschlossen und hier auch schon kommentiert. Daher schreibe ich es hier.
Ich sehe zwei Gründe:
Zum einem biografische und da sind die Erfahrungen offensichtlich sehr unterschiedlich.
Zum anderen das inkarnatorische Argument:
„Eine inkarnatorische Theologie muss ernst nehmen, dass jede Kommunikaition ohne körperliche Präsenz Substitut ist; das ist eine der wesentlichen Einsichten der Trinititätstheologie. Selbst Gottes „immanente“ Selbstkommunikation hat durch die zweite Person eine somatische und indiviuierte Komponente. Darum gilt ja auch der Kernsatz der modernen Theologie: die immanente Trinität ist die ökonomische und umgekehrt. Die modernen technischen Medien (deren ich weder Feind noch Freund bin, sondern interessengeleiteter Nutzer) haben einen spritualisierenden, entkörperlichenden Zug.“
Das ist ein spannendes Argument, ich muss erst mal drüber nachdenken, theologische Schnellschüsse sind nicht so mein Ding.
Der Link zu seinem Beitrag:
http://theo-denkt.blogspot.de/2013/08/ende.html?spref=tw&m=1
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Reblogged this on Θ TheoNet.de and commented:
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facebook für die Gemeinde ist – jedenfall im Moment noch – viel zu selektiv. Selbst von den Konfirmanden sind längst nicht alle auf facebook unterwegs, und man kann noch nicht einmal davon ausgehen, dass alle KV-Mitglieder einen e-mail account haben bzw. intensiv nutzen. social media Angebote sind nicht steuerbar.
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Interessant, dass Du so darauf insistierst, der Gemeindealltag habe nichts in den sozialen Netzwerken zu suchen. Da würde mich doch eine etwas detailliertere Begründung interessieren.
Damit zusammenhängend: Hast Du schon mal daran gedacht, eine Facebook-Seite für die Kirchengemeinde einzurichten? Vgl. z.B. meine Facebook-Liste pfälzischer Kirchengemeinden: https://www.facebook.com/lists/10151094612547638
Was spricht aus Deiner Sicht dagegen?
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Ich würde das nicht grundsätzlich sagen, ich sage das für mich. Es hat damit zu tun, dass Social Media in meiner Gemeinde kaum eine Rolle spielt. Eine Facebook-Seite existiert zB, wird aber kaum wahrgenommen. Wenn es hier eine höhere Vernetzung innerhalb der Gemeinde gäbe, würde ich das akzentuieren.
Das andere ist aber: Mir geht es darum, meine pfarramtliche Tätigkeit sehr zurückhaltend auf FB und Twitter vorkommen zu lassen. Das ist ein Bauchgefühl, hat weniger mit Seelsorgegeheimnis als mit der Erfahrung zu tun, dass vieles, was ich tue, mit der Begegnung Gott und (konkretem) Mensch zu tun hat, und da spüre ich eine große innere Zurückhaltung, davon iund darüber zu posten.
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