Studienreise Thessaloniki IV: Kontrastprogramm

Thessaloniki 24

Wir fahren mit dem Taxi irgendwo hin an den Stadtrand.
Es hält vor einem hochmodernes Gebäude, mit allem Schnickschnack.
Es passt so gar nicht zu den Eindrücken des Vortags.
CEDEFOP heißt die Einrichtung der EU.
Es geht um berufliche Bildung in Europa.
Wer es genauer wissen will, mag im Netz nachschauen.
Für mich ist es ein Lehrstück für Europa.
Irgendwo, schön im Länderproporz, wird eine Institution angesiedelt.
Die Kontakte ins Gastland sind nicht unbedingt ausgeprägter als anderswohin.
Uns begegnen begeisterte Mitarbeitende.
Sie bringen Europa nach vorn.
Wenn auch ganz langsam, schleichend.
Sagen sie selbst.
Aber es ist eben auch schwierig, so viele Länder und Kulturen unter einen Hut zu bekommen.
Sagen sie auch.
Sie sind von der Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit überzeugt.
Und anders ist das Haus Europa vermutlich auch nicht zu bauen.
Gleichzeitig breitet sich in mir ein merkwürdiges Gefühl aus.
Ja, so vorzugehen ist wohl notwendig, wenn aus Europa etwas werden soll.
Aber angesichts der Not und des Elends nur ein paar Straßen weiter stellt sich doch die Sinnfrage.
Wäre das viele Geld nicht anderswo besser investiert?
Die Frage bleibt unbeantwortet.

Nach der Rückfahrt treffen wir Matthias Hoffmann.
Er leitet die Geschäftsstelle Nordgriechenland der Deutsch-griechischen Industrie- und Handelskammer.
Er erzählt spannend.
Zehn Jahre ist er hier.
Kennt das Land auch noch aus der Zeit vor der Krise.
Das Hauptproblem?
Die Kreditklemme.
Es gibt kein oder kaum Geld von den Banken für Investitionen.
Und dazu kommen viele „kleinere“ Probleme.
Die kleinteilige Ökonomie, oft im Familienbetrieb oder in der Selbständigkeit.
Eine Kultur der Konkurrenz statt der Kooperation.
Und manche Absurdität der Politik, über die man nur den Kopf schütteln kann.
Doch das gibt es auch in Deutschland.
Aber wir hören auch von Chancen, von Potentialen, von erfolgreichen Unternehmen.
Ein Hoffnungsschimmer ist ein Aufblühen der Genossenschaften.
(Davon haben wir gestern auch schon gehört.)
Angedacht ist auch eine Bank wie die KfW in Deutschland.
Sinnvoll
Was braucht es für Griechenland?
Stabilität, sagt Hoffmann.
Zu vieles ändert sich zu schnell.
Und der Grexit, Chance oder Fluch?
Eindeutig Fluch, so die Antwort.
Exporte würden zwar deutlicher preiswerter.
Aber Griechenland importiert fast alles an Rohstoffen.
Und die werden teuer.
Aber, und da hebt er immer schnell die Hände und wehrt ab –
das ist Politik, da halte ich mich als Verbandsvertreter heraus.

Es folgt eine lange Mittagspause.
Sie tut gut nach all den vielen Gesprächen, die auch unter uns ständig weitergehen.

Abendessen im Gialos, einem Fischrestaurant am Rand der Stadt.
Supergut und dafür preiswert.
Die Nacht wird kurz.

Thessaloniki 39

2 Gedanken zu “Studienreise Thessaloniki IV: Kontrastprogramm

  1. Pingback: „Die Privatisierungen haben viele positive Effekte“ – Tag 2 der Studienreise nach Thessaloniki – bilder und gedanken

  2. Pingback: Griechenland, im Jahr 2015. Texte, Beiträge, Fotos und mehr | matthias jung

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