0. Vorbemerkung
Die Thesenreihe habe ich für die mündliche Promotionsprüfung im Februar 2012 erstellt. Am Ende gehe ich kurz auf die Diskussion um dem „Dritten Weg“ im Arbeitsrecht der evangelischen Kirche ein. In einer Diskussion auf Twitter wurde ich von Ina Praetorius nach meiner Meinung dazu befragt, das war für mich der Anlass, den Text jetzt online zu stellen. Manches akzentuiere ich mittlerweile etwas anders, ich habe dennoch am Text nichts geändert..
1. Arbeit in systematisch-theologischer Perspektive
Theologische Rede von Arbeit geht von der grundlegenden Erfahrung des Glaubens aus, durch den Gott sich selbst dem Menschen erschließt. Durch den von Gott gewirkten Glauben wird dem Menschen ein Gottesverständnis zuteil, welches auf der einen Seite die Erkenntnis der Sünde einbezieht und zum anderem dem Menschen ein Welt- und Selbstverständnis vermittelt. Aus diesem Welt- und Selbstverständnis erwächst die Aufgabe, anthropologische Grundaussagen zu formulieren. Im Blick auf die menschliche Arbeit ist ein arbeitsorientierter Arbeitsbegriff1 zu beschreiben, der die Vorordnung des Menschen vor allen anderen Zwecken der Arbeit betont. In der Gegenwart kann Arbeit aufgrund der vielfältigen Veränderungen (Entgrenzung) nicht mehr »definiert« werden. Daher scheint es heute sinnvoll, von Arbeit in drei Dimensionen zu sprechen, die als Wahrnehmungskategorien gelten können: Lebensunterhalt, Lebensfülle und Lebensausdruck.
2. Das Verständnis von Arbeit in den Schöpfungsberichten von Gen 1-3
Biblische Aussagen sind nicht bruchlos in eine Lehre von Arbeit zu übersetzen. Die Aussagen des AT zur Arbeit sind daher in ihrem historischen Entstehungszusammenhang zu reflektieren. Konkret bedeutet dies, sie – soweit als möglich – in den jeweiligen ökonomischen Rahmenbedingungen zu interpretieren. Grundsätzlich gilt: Arbeit ist im AT selbstverständlicher Bestandteil des alltäglichen Lebens, aber kein eigenständiges Thema.2 Mit einer Ausnahme: der Paradiesgeschichte (Gen 2/3),
»da in ihr grundsätzlich und mit dem Anspruch auf einen über die konkrete Erzählsituation hinausgehenden Gültigkeitsanspruch über den Menschen und seine Bestimmung zur Arbeit nachgedacht wird.«3
Die Paradiesgeschichte und die dort formulierte Beschreibung menschlicher Arbeit kann als »utopische Erinnerung« gelesen werden, der »Rückblick« wird zum Ausblick und zur Gestaltungsperspektive:
»Bebaue den Garten, tu das im Einklang mit den Regeln der Natur, leiste die Arbeit, die erforderlich ist, sorge für das Fruchttragen der Bäume – ferner: sichere den Garten und schütze ihn vor dem Verfall, aber – bleibe in dem gegebenen Lebensraum, bewahre seine Grenzen!«
Die Arbeit wird zugleich nach dem priesterschriftlichen Schöpfungsbericht durch die Ruhe abgeschlossen (Gen 2,2)5, so dass die (Sabbat-) Ruhe konstitutiv mit zur Arbeit gehört. Somit wird in den beiden Schöpfungsberichten der Rahmen für ein Verständnis von Arbeit abgesteckt – zum Lebensraum gehört neben der räumlichen Ausdehnung somit auch die zeitliche Einordnung.
3. Die Mittelpunktstellung des Menschen in der Verkündigung Jesu
Auch im NT ist Arbeit kein eigenständiges Thema, für Jesus ist Arbeit ist selbstverständlicher Teil des menschlichen Lebens. Aus Mk 2,27 folgt aber eine Abgrenzung von Arbeit und Ruhe und zugleich eine inhaltliche Bestimmung von Arbeit.6 Die sich hier zeigende Mittelpunktstellung des Menschen wird an Jesu Haltung zum Sabbat erkennbar:
»Nicht nur in Ausnahmefällen, sondern grundsätzlich ist das Gesetz Geschenk Gottes an den Menschen, dem Treppengeländer vergleichbar, das niemand verwehrt, ohne seine Hilfe hinaufzusteigen, den, der es nötig hat, aber davor bewahrt über die Treppe hinauszustürzen. Die pharisäische Ehrfurcht vor Gottes Gesetz, die nicht mehr zu fragen wagt, warum oder wozu das Gebot erlassen wird, ist also gerade nicht gefordert. (…) Im Menschensohn ist der Wille Gottes zum Menschen, sein ganzes, volles Schenken Wirklichkeit geworden. Darum ist er so Herr über den Sabbat, daß er ihn wieder zur Hilfe schenkt, nicht als Last auflegt.«
Jesus übernimmt – ähnlich wie beim dreifachen Liebesgebot – die Tradition Israels und interpretiert sie lebens- und menschendienlich.8 Der Sabbat ist für den Menschen geschaffen, nicht der Mensch für den Sabbat. Damit wird zugleich eine implizite normative Aussage über Arbeit gemacht, da die sabbatliche Ruhe konstitutiv zur Arbeit hinzu gehört.
4. Das Verständnis von Arbeit in der protestantischen Tradition als Korrektiv für die lebensweltorientierte Auseinandersetzung mit Arbeit in der Gegenwart
Ein lebensweltbezogener Ansatz steht immer in Gefahr, gegenwärtige Phänomene isoliert zu betrachten und zu verabsolutieren – oder wesentliche Aspekte nicht wahrzunehmen. So hat jüngst Traugott Jähnichen danach gefragt, ob die Parallelität von gesellschafts- und kirchenreformerischen Diskursen ein Beispiel für die »Zeitgeistanfälligkeit« des deutschen Protestantismus sei.9 Zumindest partiell bejaht er diese Frage und konstatiert seit den 1990er Jahren parallel zu Entwicklungen im staatlichen Bereich das Eindringen ökonomischer Denkmuster und Modelle in kirchliches Handeln. Diese Parallelität lässt kritisch fragen, wie unter solchen Vorzeichen innerkirchlich von Arbeit gesprochen wird (vgl. dazu These 6). Im Blick auf Arbeit weist dies aber darüber hinaus grundsätzlich darauf hin, dass in der kirchengeschichtlichen Tradition nach früheren evangelischen Arbeitsverständnissen gefragt werden muss, die entweder bis in die Gegenwart weiter wirken oder ein Korrektiv zur gegenwärtigen Diskussion darstellen können. In jüngster Zeit hat sich Torsten Meireis dieser Aufgabe gewidmet, in dem er das protestantische Arbeitsverständnis in der Reformationszeit über Ritschl und Barth bis in die Gegenwart nachzeichnet. Dieser historische Blick aus der »Vogelperspektive« ergänzt die »Makroaufnahme« des Lebensweltansatzes – und umgekehrt.
Der Rückgriff auf Luthers Berufsverständnis könnte z.B. hilfreich sein, verkrustete Argumentationsstrukturen im Blick auf die Diskussion über Veränderungen im Berufskonzept (duales Ausbildungssystem), welche durch die Öffnungen der Ländergrenzen im europäischen, aber auch globalen Horizont ausgelöst werden10, aufzubrechen. Meireis formuliert im Anschluss an Luthers Unterscheidung von vocatio externa und vocatio interna:
»Der ›Beruf‹, die Tätigkeit des Menschen, sichert nicht das Heil, sondern sein Bereich ist das Wohl«.
Diese Unterscheidung wehrt jeglicher neuzeitlicher Überhöhung des Berufs12 und macht frei, Vor- und Nachteile des deutschen Berufssystems in der Gegenwart zu reflektieren. Denn:
»Das Berufskonzept (Luthers, M.J.) sanktioniert (…) einerseits die (…) an der Mannigfaltigkeit menschlicher Individualität orientierte Vielfalt von Tätigkeiten, (…) sodass etwa eine Begrenzung auf die Form der Erwerbsarbeit nicht begründbar erscheint, wertet aber andererseits die Tätigkeiten weder nach ihrem Wirkungsgrad noch nach ihrem gesellschaftlichen Status, sodass das Konzept eine antielitäre Pointe hat.«
Mit anderen Worten: Entgrenzungsphänomene von Arbeit können so als Chance und als Herausforderung begriffen werden, »Arbeit« im anthropologischen Sinn neu zu werten und auszurichten, weil sowohl der Überhöhung von jeglicher Arbeit als auch der verengten Sicht auf das Berufs- und Erwerbsarbeitssystem entgegengetreten werden kann.
5. Sozialethik als vom »summum bonum« ausgehende Leitbildethik
Sozialethik fragt nach Kriterien des Handelns, die als Konkretionen des Glaubens in der jeweiligen Gegenwart gelten können. Ich schließe mich Härle an, der es sinnvoll hält, sich dabei an den Bestimmungen des Menschen zu orientieren und sich für eine Leitbildethik ausspricht:
»Eine an den Bestimmungen des Menschen orientierte Leitbildethik knüpft damit an den Gedanken an, dass Ethik vom Gedanken des höchsten Gutes (summum bonum) aus zu entwerfen und zu entfalten ist. Die Ethik wandelt damit (…) ihren gebietenden in einen einladenden Ton und Stil.«
Es bietet sich an, als summum bonum im Blick auf Arbeit vom Ziel des »guten Lebens aller«15 auszugehen. Die Welt kann dann – im Anschluss an Praetorius16 – als Haushalt beschrieben werden, dieses Leitbild ist Rahmen und Vision gleichermaßen. In der Gegenwart gilt es mit Hilfe der Dimensionen Lebensunterhalt, Lebensfülle und Lebensausdruck Kriterien zur Bewertung von »Arbeit« zu entwickeln, die aus der Glaubens- und Sündenerkenntnis folgen. Die Herausforderung liegt darin, Arbeit aus der Engführung des Normalerwerbsarbeitsbegriffs herauszuführen, um die – unbewussten, übersehenen, vernachlässigten – Potentiale der menschlichen Arbeit für das gute Leben aller heben zu können. Sie müssen anschlussfähig formuliert sein und bedürfen somit des interdisziplinären Dialogs. Sozialethik ist daher öffentliche Theologie.17
6. Kirche als Arbeitgeberin – der »Dritte Weg« in der Diskussion
Sozialethische Reflexion zielt zum einen auf den Dialog mit den gesellschaftlichen Gruppen, muss aber in gleicher Intensität auch den innerkirchlichen Umgang mit Arbeit reflektieren und ihre eigenen Arbeitsverhältnisse überprüfen. Dies gilt sowohl für die ehrenamtliche Arbeit als auch die hauptamtlichen Arbeits- und Dienstverhältnisse. Ein Sonderfall in mehrfacher Hinsicht stellt dabei der Pfarrberuf dar, der in den letzten Jahren zunehmend in die Diskussion geraten ist, wohl auch als Folge einer sich entgrenzenden Arbeitswelt.
Aktuell ist der »Dritte Weg« in der Diskussion. Es wird zum einen um das Streikrecht für kirchliche Mitarbeitende gestritten, zum anderen werden erstmals Einrichtungen aus der Diakonie ausgeschlossen (Wichernstift/Ganderkesee). Die Synode der EKD hat sich 2011 ausdrücklich mit dem »Kirchengesetz über die Grundsätze zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Diakonie«18 zum Dritten Weg bekannt. Dennoch stellen sich verschiedene Fragen: Ist der konsensorientierte »Dritte Weg« noch geeignet, die arbeitsrechtlichen Probleme in der Gegenwart19 angemessen lösen zu können? Wie ist das Verhältnis von Persönlichkeitsrechten der Mitarbeitenden20 einerseits und dem Verständnis der Dienstgemeinschaft in Kirche und Diakonie andererseits in der Gegenwart zu beschreiben, vielleicht auch neu zu justieren? Anders gefragt: Welche Chancen und Risiken bietet die Entgrenzung der Arbeitswelt auch für die kirchlichen Arbeitgeber und ihre Mitarbeitenden? Welcher Weg mag eher in die Zukunft führen und zum Ziel des guten Lebens aller beitragen – eine Reform des Dritten Weges oder eine Annäherung an das System von Tarifverträgen (inkl. Streikrecht)? Und wie ordnet sich der Pfarrberuf in diesen Fragen ein? Die drei Dimensionen der Arbeit können bei der Wahrnehmung und Bewertung der komplizierten und komplexen Materie helfen, sowohl den Anspruch allen kirchlich-diakonischen Handelns als auch die Interessen der hauptamtlichen Mitarbeitenden im Blick halten.
Voerde, den 16.02.2012
7. Literatur
Arn, Christof 2000: HausArbeitsEthik. Zürich: Rüegger
Arnold, Rolf (2003): Berufsbildung ohne Beruf? (Grundlagen der Berufs- und Erwachsenenbildung Bd. 34). Hohengehren: Schneider
Becker, Uwe 2006: Sabbat und Sonntag. Plädoyer für eine sabbattheologisch begründete kirchliche Zeitpolitik. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag
Bedford-Strohm, Heinrich 2009: Dietrich Bonhoeffer als öffentlicher Theologe. In: Evangelische Theologie (69. Jahrgang, Heft 5), S. 329-341
Dschulnigg, Peter 2007: Das Markusevangelium (Theologischer Kommentar zum Neuen Testament Band 2). Stuttgart: Kohlhammer
Ebach, Jürgen 1980: Zum Thema: Arbeit und Ruhe im Alten Testament. In: Zeitschrift für evangelische Ethik (ZEE), 24. Jahrgang. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 7-21
Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) 2011: Beschluss zum Kirchengesetz über die Grundsätze zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Diakonie (Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz der EKD –ARGG-Diakonie-EKD). Online: http://www.ekd.de/synode2011/beschluesse/beschluss_XI_5_argg_diakonie-ekd.html
Frey, Christofer 1983: Die Reformation Luthers in ihrer Bedeutung für die moderne Arbeits– und Berufswelt, in: Löwe, Hartmut/Roepke, Claus-Jürgen: Luther und die Folgen. München: Christian Kaiser , S. 110–134.
Gertz, Jan Christian 2009: »Im Schweiße deines Angesichts…« Alttestamentliche Perspektiven zum Thema »Sinn der Arbeit – Ethos der Arbeit«. In: Alttestamentliche Wissenschaft und kirchliche Praxis. S. 267-283
Härle, Wilfried 2010: Ethik. Berlin/New York: Walter de Gruyter
Jähnichen, Traugott 2009: Die Parallelität von gesellschafts- und kirchenreformerischen Diskursen im 20. Jahrhundert : ein Beispiel der Zeitgeistanfälligkeit des deutschen Protestantismus? In: Karle, Isolde (Hrsg.): Kirchenreform. Interdisziplinäre Perspektiven. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, S. 81-96
Kreß, Hartmut 2011: Das kirchliche Arbeitsrecht und der Schutz der individuellen Grundrechte : ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat einen Impuls zugunsten individueller Grundrechte gesetzt. – In: Zeitschrift für evangelische Ethik. 55. Jahrgang. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 3-10
Lührs, Hermann 2011: Die Zukunft der Arbeitsrechtlichen Kommissionen. Arbeitsbeziehungen in den Kirchen und ihren Wohlfahrtsverbänden im Umbruch. Online: http://www.ev-akademie-rheinland.de/Downloads/Vortrag_Luehrs.pdf
Meireis, Torsten 2008: Tätigkeit und Erfüllung. Protestantische Ethik im Umbruch der Arbeitsgesellschaft. Tübingen: Mohr Siebeck
Moltmann, Jürgen 1979: Der Sinn der Arbeit. In: Brakelmann, Günter/Klappert, Berthold/Moltmann, Jürgen/Zimmerli, Walther (Hrsg.): Recht auf Arbeit, Sinn der Arbeit. München: Christian Kaiser, S. 59-83
Praetorius, Ina 2002: Die Welt als Haushalt und der Haushalt Gottes. In: Praetorius, Ina: Die Welt: ein Haushalt. Texte zur theologisch-politischen Neuorientierung. Mainz: Matthias Grünewald, S. 21-42
Schweizer, Eduard 1978: Das Evangelium nach Markus (Das Neue Testament Deutsch – Neues Göttinger Bibelwerk), 15. Auflage. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
8. Anmerkungen
1 Der Begriff stammt ursprünglich von Jürgen Moltmann und wird in Abgrenzung zu einem »produktorientierten« Arbeitsbegriff formuliert. (1979,80)
2 Gertz 2009, 268
3 Gertz 2009, 279
4 Ebach 1980, 15. »Erinnerung ist die utopische Erinnerung an die alttestamentarische Rede von Arbeit und Ruhe, weil sie Vergangenes benennt, utopisch (nicht illusionär) ist sie, weil sie vergangene Hoffnung festhält.« (ebd., 16). – Gertz folgt Ebach weitgehend in seiner Interpretation von Arbeit und Ruhe, so dass ich seine Kritik, Ebach überhöhe mit dem Begriff der utopischen Erinnerung den alttestamentlichen Text, nicht nachvollziehen kann. (Vgl. Gertz 2009, 278)
5 Ebach weist darauf hin, dass O. H. Steck seinerzeit hier übersetzte: »Gott brachte seine Arbeit zum Abschluss, indem er am siebten Tage ruhte von aller seiner Arbeit.« (Ebach 1980, 19 Anm. 55)
6 »(Das Wort) besagt positiv, dass der Schabbat (von Gott) zum Heil der Menschen geschaffen wurde und betont ergänzend negativ, dass der Mensch nicht für den Schabbat geschaffen sei. Der Schabbat und seine Anordnungen dienen also grundsätzlich dem Heil und der Wohlfahrt der Menschen, er ist aber nicht dazu da, Menschen Lasten aufzubürden, die sie nicht tragen können und ihrem Wohlergehen nicht dienen.« (Dschulnigg 2007, 105f.)
7 Schweizer 1978, 35f.
8 »Gegen eine kasuistisch verengte Sabbatobservanz betont er (Jesus, M.J.) mehrfach, dass die kasuistische Ausgestaltung des Sabbats sich am Prinzip des Lebensdienlichen und Gutestun der Mosetora (…) zu orientieren und das Humanum in Form der Befreiung von Not und der Gewährleistung einer lebenshilfreichen sozialen Praxis zu bewahren hat« (Becker 2006, 274).
9 Jähnichen 2009
10 Vgl. hierzu z.B. die Aufsätze des Sammelbandes: »Berufsbildung ohne Beruf?« (Arnold 2003)
11 Meireis 2008, 89. Ähnlich formuliert Christofer Frey: »‹Beruf‹ ist die theologische Ortsanweisung für den in der Welt tätigen sich in der Welt verhaltenen Menschen. Sie setzt bei Gott an. Er ist nicht jenes höchste Gut, das alle Güter der Welkt auf sich hinordnet.« (Frey 1983, 118)
12 »Neuzeitliches Verständnis der Arbeit setzt voraus, daß Menschen nicht nur eine Welt zur Bearbeitung vorfinden, sondern daß sie ihre Welt durch Arbeit herstellen.« (Frey 1983, 123f.) Verknüpft sich dieses Verständnis noch mit der Vorstellung eines Normalerwerbsarbeitsverständnisses, wird schnell erkennbar, warum die Entgrenzung der Arbeit in der Gegenwart für das deutsche Berufskonzept bedrohlich wirken muss.
13 Meireis 2008, 90
14 Härle 2010, 206. Und weiter: »Eine an den Bestimmungen des Menschen orientierte Leitbildethik, die nach dem summum bonum fragt und von da aus argumentiert, orientiert sich (…) eher an kontinuierlichen Übergängen, bei denen es neben richtig/falsch, gut/böse, erstrebenswert/nicht erstrebenswert immer auch um das mehr oder weniger Erstrebenswerte, gute oder weniger Gute geht. In einer solchen Ethik ist Raum für Abstufungen und Komparative.« (ebd.)
15 Arn 2000, 242
16 Praetorius 2002
17 »Öffentliche Theologie ist der Versuch, im interdisziplinären Austausch mit anderen Wissenschaften an der Universität und im kritischen Gespräch mit Kirche und Gesellschaft in gesellschaftlichen Grundfragen Orientierung zu geben und dabei Ressourcen der Kommunikation zu erarbeiten, die die Relevanz religiöser Orientierungen in der pluralistischen Gesellschaft deutlich machen.« (Bedford-Strohm 2009, 331)
18 EKD 2011
19 Lührs (2011, 2f.) zeichnet die Entwicklung in Folge der veränderten staatlichen Sozialpolitik seit den 90er Jahren (»Ökonomisierung des Sozialen«) nach, die – durch die Trennung vom BAT – zu einer Aufgabenverschiebung in den arbeitsrechtlichen Kommissionen geführt hat: statt die vorher vereinbarten Regelung für den BAT zu übernehmen gilt es nun auszuhandeln. »An die Stelle der früheren Koordination von Sachentscheidungen (tritt) nun Schritt um Schritt der Konflikt von Interessen.« (3)
20 Hartmut Kreß hat jüngst in einem Aufsatz zu der Entscheidung des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Grundrechtsschutz im kirchlichen Arbeitsrecht vom 23.09.2010 geschrieben: »Der Staat hat das korporative Selbstbestimmungsrecht einer Kirche (…) hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Regelungen zweifellos zu respektieren, wenn es um geistliche oder religiöse Belange im engeren Sinn sowie um Mitarbeiter geht, die kirchliche (…) Kernfunktionen ausüben. Dabei ist aber genauer zu durchdenken und zu plausibilisieren, welche Inhalte den kirchlichen (…) Kernfunktionen tatsächlich zuzurechnen sind und inwieweit die Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern auch in diesem engen Sinn zu wahren sind. (…) Darüber hinaus ist ernst zu nehmen, dass der Staat ›Heimstatt aller Staatsbürger‹ ist. Die Rechtsordnung hat die Gerechtigkeit, insbesondere den Grundrechtsschutz zu gewährleisten, für Rechtssicherheit zu sorgen und die Rechtsgüter zweckmäßig abzusichern. Dies soll allen Bürgern gleicherweise zugutekommen. Daher besitzen ebenfalls Kirchenmitglieder und kirchliche Arbeitnehmer ein Anrecht auf Justizgewährleistung und auf wirksamen Rechtsschutz. Das Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (…) hat gezeigt, dass in der Bundesrepublik Deutschland in dieser Hinsicht Klarstellungsbedarf besteht. Im demokratischen Rechtsstaat kann Kirchen auch bei arbeitsrechtlichen Konflikten keine unüberprüfbare Definitionshoheit über Inhalte, Geltung und Reichweite der von ihnen gesetzten Normen mehr zukommen.« (2011, 8f)