Donnerstag Abend, eine kleine Halle in Köln-Mülheim. SSM und Ideen3 haben zu einem Vortrag mit Fritjhof Bergmann, dem Gründer der „Neuen Arbeit, neuen Kultur“ (NANK) eingeladen. Meine Frau und ich kennen Frithjof seit dem Kirchentag 2007, wir hatten ihn 2009 zu einer Veranstaltung in Voerde, meine Frau arbeitet in der MentorInnen-Akademie der NANK mit, sein leidenschaftliches Eintreten für ein anderes Arbeitsverständnis als Antwort für die Auswüchse des Lohnkapitalismus hat meine Dissertation Entgrenzung und Begrenzung von Arbeit mit angeregt und ich habe mich dort u. a. mit dem Ansatz wissenschaftlich-reflektierend beschäftigt.
Fast vier Jahren habe ich Frithjof nicht mehr persönlich gesehen und gehört, die Gelegenheit wollte ich mir, wollten wir uns nicht entgehen lassen. Es ist kalt in der alten Fabrikhalle direkt am Rhein. 40 Personen sind gekommen und lauschen dem Vortrag. Für einige ist es der erste Kontakt mit NANK, andere kennen das Konzept schon länger, manche 17 Jahre, wie die Mitarbeitenden des SSM, einem von NANK stark inspirierten Projekt.
Frithjof spricht in der für ihn typischen Art, erfahrungsgetränkt, leidenschaftlich, manchmal etwas sprunghaft. Seit seinem 2004 erschienenen Buch „Neue Arbeit, neue Kultur“ erkenne ich manche Akzentverschiebung. Viel stärker wird die Zweiteilung der Menschheit in „Wüsten“- und „Oasen“-Menschen betont, er erzählt von seinen Reisen nach Südafrika, Russland, Rumänien und anderswo und wiederholt mehr als einmal, dass wir in Deutschland und Mitteleuropa buchstäblich in einer Oase leben, in der es auch denen, die es hier schwer haben, in vielen Punkten doch noch unvergleichlich besser geht als Menschen in Slums irgendwo auf dieser Erdkugel. Und doch gibt es auch dort kleine Hoffnungszeichen, die sich hoffentlich verstärken und verbinden, auch mit uns Menschen in den Oasen. Der Einsatz moderner Technologien gerade im Blick auf die Wüstenmenschen wird viel umfassender als Chance zur Verhinderung oder Verminderung von Not gesehen, weniger stark spricht Frithjof von einem gänzlich neuen Arbeits- und Wirtschaftssystem, sondern er versucht heute eher von innen her nach Wegen, das bestehende System zu verändern und es so vielleicht zu überwinden. Der Dialog ist wichtig, das gemeinsame Sprechen und Nachdenken, die Suche nach Vernetzung und gemeinsamer Arbeit, immer ausgehend von der These, dass es kaum etwas anderes in dieser Welt gibt, das Menschen so glücklich und zufrieden machen kann als „Arbeit, die man wirklich, wirklich will.“ Es sind die vielen Erfahrungen und die Dialogbereitschaft mit allen und jedem/jeder, die ihn so lebendig unn authentisch sein lässt.
Richtig spannend wird es dann in der Diskussionsrunde. Viele junge Menschen sind da, die leidenschaftlich davon erzählen, wie sie ihren ganz eigenen Weg mit der Arbeit gesucht haben und finden und immer weiter suchen. Andere sind fasziniert von der Idee, dass Arbeit möglich ist, die man wirklich wirklich will. Sie machen die Erfahrung, die ich auch gemacht habe: dieser Gedanke ist im ersten Moment so neu, so anders, so inspirierend. Eine offene, emotionale, leidenschaftliche Atmosphäre. Es sind mutmachende Geschichten, die sich zugleich ergänzen und verbinden. Heiße Gespräche, während die Füße immer kälter werden.
Am Ende wird eingeladen zu Workshops am Freitag und Samstag, in denen die Gedanken und der Austausch vertieft werden können und sollen. Schade, das klappt bei mir wegen meiner Arbeit nicht. Aber meine Frau fährt wieder hin. Ich bin gespannt, was sie erzählen wird.
Zum Konzept der Neuen Arbeit gibt es etliche Websites und eine Facebookgruppe, in der ständig Ideen, Neuigkeiten und Projekte gepostet werden. Einige Infos und Links gibts hier auf meiner Website:
Neue Arbeit, neue Kultur
Hier noch ein weiterer Bericht über das Treffen: Nachlese: Neue Arbeit – neue Kultur – ein Vernetzungstreffen mit Prof. Frithjof Bergmann
Pingback: Bergmann: Arbeit, die wir wirklich wirklich wollen | wunscharbeit | Berufsnavigation am Bodensee
Pingback: Arbeit, die wir wirklich, wirklich wollen | wunscharbeit | Berufsnavigation am Bodensee
Pingback: Werden wir immer mehr von unserer Arbeit entgrenzt? « Der Mensch – das faszinierende Wesen
Hallo Matthias,
Ich haette gestern noch gerne Deinen Beitrag bestaerkt, dass es keine Parteienbraucht.
Ich finde sie eher entzweiend und loesungsverhindernd.
Vermutlich hatten es die Libyer mit ihren „Parlamenten“ unabhaengiger Delegierter schon ganz gut gamacht hatten. Leider berichtezen uns unsere Mrdien falsch und nun ist rs dort ja auch wieder vorbei.
LikeLike
Und weil es auf meinem Mobile nicht anders ging, meine lieben Gruesse noch hinter her 🙂 Martin
LikeLike