Du bist ein Gott, der mich sieht. (Genesis 16,13)

In der evangelischen Kirche gibt es die Tradition der Jahreslosung.
Ein Wort aus der Bibel wird ein Jahr lang reflektiert.
Für 2023 wurde gewählt:
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“

Diese Worte stehen auf den ersten Seiten der Bibel.
Abraham, der Stammvater Israels, erhielt die Verheißung:
Du wirst viele Nachkommen haben.
Doch seine Frau Sara bekam kein Kind.

Frustriert und verzweifelt schläft Abraham mit Hagar, der Sklavin seiner Frau.
Hagar ist nicht nur Sklavin, sondern auch Flüchtling – und sie wird schwanger.
Da Sara wenig begeistert ist, flieht Hagar in die Wüste.
Erschöpft liegt sie an einer Wasserstelle, als ein Engel sie anspricht:
„Hagar, Saras Magd, wo kommst du her und wo willst du hin?“

Es lohnt, einen Augenblick innezuhalten:
Hagar ist der erste Mensch in der Bibel, den ein Engel direkt anspricht.
Eine Sklavin und ein Flüchtling.
Hört die Frage:
„Wo kommst du her und wo willst du hin?“
Das ganze Leben in einer Frage.

Es entwickelt sich ein Gespräch.
Am Ende schickt der Engel Hagar zurück zu Abraham.
Dann fallen die Worte:
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“

Gesehen zu werden, eins der großen Bedürfnisse von Menschen.
Wahrgenommen werden.
Ernst genommen werden.
Ohne Verurteilung, ohne Bewertung.

Verena König schreibt am Anfang ihres Buchs über Traumata:

„Menschen beginnen in dem Moment zu heilen, in dem sie sich gesehen fühlen.“

(Bin ich traumatisiert?, S. 8)

Damit ist alles gesagt.
Gesehen werden heilt.
Lässt aufatmen.
Beruhigt die Angst.

Es gibt ein wunderbares Lied zu diesem Wort von Hagar.
Der Refrain lautet:

Du bist ein Gott, der mich anschaut.
Du bist die Liebe, die Würde gibt.
Du bist ein Gott, der mich achtet.
Du bist die Mutter, die liebt.

freiTöne Nr. 1

Das Lied entstand 2017 für den Reformationssommer und den Kirchentag in Berlin.
Der Text stammt von Susanne Brandt, Miriam Buthmann hat die Melodie geschrieben.

Das Lied aktualisiert die Erzählung von Hagar zeitlos.
Ich finde mich in den Worten wieder.
Mit den Fragen, die mich in dieser aufregenden und beunruhigenden Zeit beschäftigen.

Ich freue mich über Kommentare: Kritik, Anmerkungen, Zustimmung...

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