Ein Nachmittag kurz vor Heilig Abend.
Ich bin unterwegs in meiner Stadt.
Leichtes Schneetreiben verzaubert die Straßen.
Menschen sind unterwegs, wie alle Jahre wieder.
Ein letztes Geschenk, noch ein Glühwein.
Kinder reisen an, Großeltern ab.
Koffer knattern auf den Wegen und künden von Sehnsucht.
Es ist wie immer und doch ist nichts wie immer.
Das Jahr hat uns geschafft.
Fröhlichkeit, ein Hauch zu aufgesetzt.
Vorfreude, gepaart mit Zweifel.
Gelächter, etwas zu schrill.
Hetze, noch ein Tick schneller als sonst.
Und Angst.
Angst, soviel Angst.
Sie hat sich eingeschlichen, sitzt tief.
Die Zukunft, ungewisser denn je.
Wie lange noch?
Was kommt?
Worauf noch verlassen?
Und auf wen?
Dann sehe ich sie.
Sie kommen mir entgegen.
Ein Mann, eine Frau.
Sie hochschwanger, er stützt sie.
Abgekämpft und müde, beide.
Sein Blick irrt von hier nach dort.
Auf ihrem Gesicht aber liegt Stärke und Klarheit.
Und die Hand liegt auf ihrem Bauch.
Tränen treten mir in die Augen.
Ich wische sie weg, will sie sehen, will hin zu ihnen.
Doch sie sind schon an mir vorbei, in der Menge verschwunden.
Suchend schaue ich mich um, vergebens …
Wie gerne hätte ich ihnen Mut gemacht:
Haltet durch, nur noch kurze Zeit!
Doch halt, nein, was rede ich da –
ich wollte doch, dass sie mir helfen, mir Mut machen …
Das Schneetreiben hat aufgehört.
Menschen strömen von hier nach da.
Haben sie nicht gesehen, was ich gesehen habe?
Traurig wendet sich mein Blick ab, geht nach oben.
Für einen Moment reißt die Wolkendecke auf.
Ein Stern strahlt dort, heller als alle anderen.
Und sagt mir:
Gott ist unterwegs.