Frecht, interesannt, nachdenkenswert: Kann Kirche sich selber schaden? Was ist Blaspehmie?
(Mit dem Rebloggen klappt irgendwie nicht recht, daher hab ich es kopiert. Hier gehts zum Origianlbeitrag:
„hmmm…“ Sommerkirche. Mein schlimmstes Ferienerlebnis
„Na, wie war´s in den Ferien?“ Nun ja, sie sind gefühlt noch nicht vorbei. Wochenlang nichts gepostet, getwittert und gebloggt. Ich bin völlig raus und irgendwie noch drin, im Sommer. Wie in einer “meiner” Sommerkirchen.
Schlicht, roter Backstein, heimelig: Eine typische Kirche in Skandinavien. „Ach“, ermuntere ich meine Lieben, „lasst uns doch mal zum deutschen Gottesdienst gehen“. Wenn ich geahnt hätte… Eingangs drückt man uns wortlos, grußlos ein Liedblatt in die Hand. Dafür schweben drinnen wunderbare Modellschiffe über unseren Köpfen. Ein freundlicher Anblick.
Anders der Pfarrer. Behäbig sitzt er uns gegenüber, auf einem Klappstühlchen neben dem Altar. Unbewegt beäugt er die Gemeinde und sein Smartphone. Er wartet. Wir auch. Wenn wir nur wüssten, worauf. Längst sind die Reihen gefüllt, auch mit jüngeren Leuten.
Stille, aber keine besinnliche. Keiner wagt einen Mucks, keine Musik umfängt uns. Selbst die Bänke knarzen verlegen. Ab und an steht der Pfarrer schwerfällig auf, flüstert mit einem Mann in Shorts und Shirt. Beim dritten Mal machen sie sich an einem schwarzen Etwas zu schaffen. Offenbar ein abgedeckter Flügel.
Man zieht am Bezug, es knistert Kunstledern laut. Drum deckt man nicht weiter auf und der Bezug hängt wie eine tote Krähe halb über die Tasten. Der Shorts-Träger outet sich schließlich als Jazz-Organist, lächelt. Da wartet es sich schon leichter. Vielleicht auch, weil sein Shirt „California Dreaming“ ruft.
Endlich läutet es. Zumindest in etwa. Denn die Glocken scheppern aus einer Box, gleich neben dem Altarklappstuhl mit Pfarrer. Aha, das war es, worauf er gewartet hat. Zufrieden steckt er sein Smartphone weg, die Glockenapp bringt´s wohl.
„Ich arbeite in“, beginnt er hinter einem orangegelbgestreiften Riesenringbuch, „die EKD hat mich zur Urlauberseelsorge…“ „Ich begrüße Sie herzlich“, wen auch immer, denn uns sieht er nicht an. „Mein Name ist.“ „Wie er heißt, steht wohl auch in seinem Fotoalbum“, flüstert mein Sohn.
Was folgt, will ich kurz machen: Laaange Lesungen und Gebete. Eine Predigt zu den „anvertrauten Zentnern“, angenehm frei gehalten, mit ansprechender Stimme. Leider ohne die Spannung, die dieser schwierige Text bereits mitbringt. „Wer nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.“ Eindeutig hatte der Mann auf der Kanzel einiges. Und das ließ er sich nicht nehmen, zu erzählen. Es ging um theologische Prüfungen, Ehrenämter, olympischen Ehrgeiz, geizige Banker und um – einfach alles. Gähn. Fast hätte ich mir ein Punkgebet gewünscht.
Doch dann der Aufwecker in der Predigt: „Gott meint: Wer nur Geld horten will, gehört selbst eingegraben und liegen gelassen.“ Wenn das keine Blasphemie ist. „Hat er das wirklich gesagt?“, fragt mein Mann fassungslos, der Sohn kichert nur noch.
Ja, sicher. Es gibt viele anregende und anrührende Gottesdienste. Wie die Erlebnisse zeigen, auch in den Sommerkirchen. Aber im Sommer der Blasphemiedebatten – was darf die Kultur, die Kunst, die Karikatur – geht es auch um kritische Selbstbetrachtung. Was darf die Kirche? Wie gehen wir mit unserer Botschaft um?
Blasphemie, von blasphêmía, bedeutet „Schaden bringen“. Lustlose Liturgien, leblose, nichtssagende Predigten oder tolldreiste theologische Thesen. Schadet das nicht auch? Das ist meine Freitagsfrage…
Kann Kirche sich selbst „schaden“?
Bleibt frech und fröhlich
wünscht Eure Mechthild Werner