Bejaht einander, bedingungslos, so wie Gott euch bedingungslos bejaht

Ich kann noch genau sagen, wann und wo ich am 11. September 2001 von den Anschlägen in New York erfahren habe. Kurz vor Beginn des Konfirmandenunterrichts am Dienstagnachmittag erzählt mir mein damaliger Küster von einem Flugzeug, das in ein Hochhaus geflogen sei.
Den 9. November 1989 habe ich als Vikar kopfschüttelnd in unserer Wohnung auf dem Sofa erlebt.
Und am 7. Juli 1974 jubeln zunächst die Holländer:innen nebenan im Speisesaal unseres Hotels in Mittenwald, bevor Gerd Müller und Co. uns Deutsche in einen Freudentaumel versetzen
Ereignisse, die sich mir so tief eingeprägt haben, dass ich die Orte noch vor Augen habe.
Und Corona?
Am 16. März 2020 stehe ich im Gang mit Mitarbeitenden und teile ihnen mit, dass wir nun das HkD schließen. Ungläubiges Staunen. Das war eine Woche vor dem offiziellen Lockdown.

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Solche Tage stehen für umfassende Ereignisse und Umbrüche, die wir in unserem gesellschaftlichen Leben erleben. Was wird Corona dauerhaft verändern? Das kann noch niemand sagen, aber die Spatzen pfeifen es bereits von den Dächern: Ein Zurück zur alten Normalität wird es nicht geben. Allein der Schub von Digitalität hat uns bereits nachhaltig verändert. Wir merken, es geht auch ohne Fliegen und Dienstreisen nach Berlin und anderswo.
Das allerdings und vieles andere macht Menschen Angst, sie fürchten – mit Recht! – um ihre Arbeitsplätze, ihr Einkommen, ihr Unternehmen. Was wird kommen, 2021, für mich, für uns, die Welt?

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Der Jahreswechsel liegt hinter uns, ein neues Bibelwort steht vor oder über dem Jahr 2021. Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist. Sagt Jesus.
Barmherzig ist ein vertrautes und daher schwieriges Wort. Viel schwingt mit und macht das Wort unklar. Da hilft ein Umweg.
In der hebräischen Sprache des Alten Testaments klingen die Wörter für Barmherzigkeit und Gebärmutter ganz ähnlich. Die Gebärmutter ist der Sitz für Barmherzigkeit. Barmherzigkeit ist also etwas ganz Ursprüngliches. Mit ihr kommt Neues in die Welt, die Welt wird anders. »Mutterschößigkeit« übersetzen daher manche auch das hebräische Wort für Barmherzigkeit.

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Die Theologin Ina Praetorius sagt es so: 

Erbarmen bedeutet, jemand umfassend zu bejahen, ohne Bedingungen zu stellen.

Dann klingt die Jahreslosung so:

Bejaht einander, bedingungslos, so wie Gott euch bedingungslos bejaht.

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Wen ich bejahe, der oder dem schaue ich in die Augen, andernfalls schaue ich schnell weg. Die Jahreslosung zielt darauf, einander in die Augen zu sehen, so wie Gott mir in die Augen schaut. Das gilt für Menschen, für Lebewesen und im übertragenen Sinn auch für Dinge. Und sogar für »Schwester Corona«, um es mit Franz von Assisi zu sagen. Einander in die Augen schauen, nicht wegschauen. Dann wird sein und geschehen, was gut ist.

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