Es gibt Geschichten, die ziemlich irre sind.
Vor allem, wenn sie im eigenen Leben geschehen.
Heute, am 13. Juli, ist es genau fünf Jahre her.
Deutschland wurde Fußballweltmeister in Brasilien.
Das war auch ziemlich irre.
Hinein verwoben ist meine /unsere Geschichte.
Für mich/uns noch viel verrückter.
Ende 2013 erhalten wir die Kündigung unseres Mietvertrages.
Bis September 2014 müssen wir ausziehen.
Die Wohnungssuche gestaltete sich äußerst schwierig.
Aufgrund meiner Residenzpflicht als Gemeindepfarrer mussten wir in Voerde etwas finden.
Und da gibt es praktisch nichts zu mieten.
Nur zu kaufen.
Das kam aber für uns nicht in Frage.
Im zeitigen Frühjahr sprach mich Michael Klatt, mein Vorgänger als Landessozialpfarrer, an.
Hast du Interesse daran, dich auf eine KDA-Pfarrstelle in Osnabrück zu bewerben?
Ja, habe ich gesagt, gerne und so schnell wie möglich.
Denn wir stehen hier unter großem Druck mit der Suche nach einer neuen Wohnung.
Nun brauchen Pfarrstellenbesetzungen in der hannoverschen Landeskirche so ihre Zeit.
Es dauerte.
Mir wurde mulmig.
Wir hatten keine Wohnung.
Und keine Perspektive in Osnabrück.
Irgendwann hieß es, die Bewerbungsrunde kann leider erst am 10. Juli stattfinden.
Das war ein Schock.
Wir machen es so, habe ich zu Michael Klatt gesagt:
Wenn wir bis dahin eine Wohnung finden, dann sage ich ab.
Es begann eine Zeit des Zitterns und Zagens.
Wir suchten weiter nach einer Wohnung.
Und waren froh, wenn die spärlichen Angebote nicht passten.
Anderseits …
Im Juni verschwanden wir in den Urlaub.
Als wir zurück kamen, begann die WM.
Es waren noch drei Wochen bis zum Bewerbungsgespräch.
Bloß jetzt kein attraktives Mietangebot mehr.
Bei einem Haus haben wir echt gezuckt.
Gott sei Dank war es zu groß und zu teuer, zu viel Garten.
Am 10. Juli ging es endlich nach Hannover.
Es war heiß.
Als erstes durfte ich das Jackett ausziehen.
Das Gespräch verlief ganz gut.
Wir melden uns, sagte Ralf Tyra, der Direktor des Hauses.
Nachdenklich fuhr ich an den Niederrhein zurück.
Einen Tag später hatte ich eine „gute“ Nachricht von Ralf Tyra auf der Mailbox.
Meine Frau und ich saßen sprachlos im Wohnzimmer.
Wir brauchten immer noch eine neue Wohnung.
Aber nicht mehr in Voerde, in Osnabrück.
Heute genau vor fünf Jahren war das Endspiel.
Am Vorabend meines Geburtstages.
Public Viewing im Kirchraum.
Ich guckte das Spiel und parallel lief ein anderer Film in mir ab.
Nur wir beide wussten:
Unsere Zeit hier endet.
Bald.
Das war schon sehr speziell.
Ich sehe mich noch hinten an einer Säule stehen.
Und innerlich die ganze Zeit den Kopf schütteln,
Um Mitternacht hatte Deutschland es geschafft.
Jubel und Trubel und ein Ständchen der Gemeindemitglieder für mich.
Kann es ein schöneres Geburtstagsgeschenk geben, fragten mich einige.
Drei Tage später platzte die Bombe.
Die Geschichte fand eine Fortsetzung.
Ende Juli fuhren wir nach Osnabrück.
Schauten uns einige Wohnungen an.
Nach 24 Stunden hatten wir einen unterschriebenen Mietvertrag.
Irre, diese Geschichte,
Schicksal?
Fügung?
Zufall?
Es gibt Geschichten, die ziemlich irre sind.
Vor allem, wenn sie im eigenen Leben geschehen.