Unscheinbar schmiegt sie sich in die Häuserzeile der rue Blanche, die Christuskirche der Deutschen Evangelischen Gemeinde in Paris. Dort besuchen wir am Sonntagvormittag den Gottesdienst und haben anschließend Gelegenheit, mit Elisabeth Langlais, der Vorsitzenden des Kirchenvorstandes, zu sprechen.
Seit vierzig Jahren lebt sie in Paris und hat damit einen Gutteil der mittlerweile 120jährigen Geschichte der Gemeinde miterlebt. Eine wechselvolle Geschichte, stellt man sich die Beziehungen von Deutschen und Franzosen seit 1894 vor Augen.
Heute gehören ca. 400 Familie zur Gemeinde, die im gesamten Großraum von Paris leben und die pfarramtliche Arbeit wird von einem Pfarrerehepaar geleistet, die zusammen anderthalb Stellen innehaben. Neben Gottesdiensten und Konfirmandenunterricht gehört auch Religionsunterricht an der Deutschen Schule zu ihren Aufgaben und umfangreiche Seelsorge. Praktisch jeden Tag, so Frau Langlais, klingeln Menschen an der Kirchentür, mit unterschiedlichsten Nöten und Sorgen. In den letzten Jahren vermehrt auch Menschen, die in der Zeit des Weltkriegs geboren wurden und Sohn oder Tochter einer Französin und eines deutschen Soldaten sind. Furchtbare Tragödien haben sich seinerzeit abgespielt, vielfach wurden die Kinder ihren Müttern weggenommen und zwangsadoptiert und sie stoßen erst jetzt, oft nach dem Tod ihrer Adoptiveltern in den Unterlagen darauf und suchen nun nach ihren deutschen Vätern oder zumindest Spuren ihrer Herkunft. Manchmal ist aber auch das Gespräch wichtig, um fassen zu können, was es bedeutet, dass die eigene Identität mit einem Mal über den Haufen geworfen ist.
Es ist spannend, nach dem Besuch in Saint Cloud und dem Gespräch mit Claudius Vellay nun noch einmal eine dritte Sichtweise auf Kirche in Frankreich und auf das Verhältnis von Deutschland und Frankreich kennenzulernen. Manche Bewertungen sind noch einmal ganz anders, vielleicht auch, weil diese Gemeinde finanziell besser aufgestellt ist durch die Unterstützung durch die EKD als die französich-reformierten Gemeinden. Aber auch durch die Menschen, die sich hier heimisch fühlen, Deutsche zumeist, die hier für ein paar Jahre oder auch länger leben, arbeiten, studieren. Auch hier gehört niemand einfach so zur Gemeinde, sondern man entscheidet sich dazu und nimmt dann Anfahrtswege von einer Stunde und mehr auf sich, und das gilt auch für die 30 Konfirmandinnen und Konfirmanden, die in diesem Jahr konfirmiert werden. Interessant für uns war zu hören, dass die Gemeinde und nicht der Kirchenvorstand bei einer Pfarrwahl abstimmt. Wiederum viele Unterschiede zum gemeindlichen Leben in Deutschland.
Nachdenklich gehen wir zum Mittagessen in ein nahegelegenes Bistro, bevor wir uns mit unserem Gepäck auf den Weg zum Gare du Nord machen. Wir kommen noch einmal an der Christuskirche vorbei und laute afrikanische Musik ist durch die geschlossenen Türen bis auf die Straße zu hören. Die kamerunische Gemeinde in Paris feiert gerade ihren Gottesdienst als Gast in den Räumen der Deutschen Evangelischen Gemeinde.
Die Deutsche Evangelische Gemeinde in Paris unterhält eine ausführliche Website, auf der sich auch ein Abriss der Gemeindegeschichte findet. Gottesdienst ist sonntags um 10.30 und es besteht zumeist die Gelegenheit, anschließend bei einer Tasse Kaffee miteinander ins Gespräch zu kommen.