„Ohne Sonntage gibt es nur noch Werktage“ – mit diesem Satz aus einer früheren EKD-Kampagne eröffnete Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, seinen Vortrag auf der Zeitkonferenz der Bundesallianz für den freien Sonntag am 17. Februar 2016 in Berlin.
Vorher berichteten verschiedene regionale Allianzen über aktuelle Projekte und gelungene Kampagnen. Mit wurde deutlich, mit wieviel Phantasie und Leidenschaft Frauen und Männer landauf, landab dabei sind, den Schutz des arbeitsfreien Sonntags zu sichern. Eine Idee fand ich besonders charmant, weil sie „quer“ denkt: In Regensburg griff die Allianz das Thema Ehrenamt und Sport auf und verwies darauf, was alles nicht mehr möglich ist/wäre, wenn noch mehr Menschen am Sonntag erwerbstätig sind/wären.
Danach ging es auf die Tauentzienstraße zu einer Aktion mit Liegestühlen, von einem Verantwortlichen augenzwinkernd „Stuhlgang“ genannt. Auf einer Länge von vielleicht 500 Metern saßen wir am Ende mitten auf der Fahrbahn und trällerten vor uns hin – die Reaktionen der Passant/-innen schwankte von ungläubigen Blicken bis zu großer Zustimmung: „Gut so, wenn wir unter der Woche besser bezahlt würden, dann müssten wir nicht auf die hohen Sonntagszuschüsse schielen, mit denen sie uns locken.“ – so der Originalton einer Frau.
Nachmittags dann die juristische Einordnung durch Papier, der insbesondere an ein bahnbrechendes Urteil des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 2009 erinnerte und die Sonntagsallianz ermutigte, immer wieder auch auf dem Klageweg politische Entscheidungen überprüfen zu lassen. Hier gibt es zahlreiche gelungene Beispiele, in denen Öffnungsentscheidungen als verfassungswidrig erklärt wurden. Ich bin kein Jurist, von daher versuche ich hier erst gar nicht, den ein oder anderen Aspekt darzustellen. Eine Aussage ist mir allerdings im Ohr geblieben: „Alle Versuche, das Shopping-Interesse von Menschen als Freizeitbeschäftigung und somit als legitime ‚Sonntagsbeschäftigung‘ zu deklarieren, sind von der Verfassung nicht gedeckt.“
Ich bin ohne große Erwartungen nach Berlin gefahren, weil ich mich in den letzten Jahren nicht mehr mit dem Sonntagsschutz beschäftigt habe (in NRW war das zeitweise schon anders). Im Nachhinein bin ich froh dabei gewesen zu sein, weil ich doch eine Fülle an Informationen bekommen habe. Und die Aktion auf der Tauentzienstraße war schon etwas Besonderes. Daher hier noch ein kurzes Video, mit dem Handy aufgenommen, also ohne großen Qualitätsanspruch. Aber es vermittelt etwas von der Stimmung:
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