Das könnte Schule machen – oder: Unterricht ist aller Übel Anfang

Rezension von: Das könnte Schule machen. Wie ein engagierter Pädagoge unser Bildungssystem revolutioniert. (Stefan Ruppaner und Anke Willers)

Vor einem Jahr habe ich Stefan Ruppaner auf einer Veranstaltung kennengelernt. Vor allem sein Satz „Unterricht ist aller Übel Anfang“ ist mir im Gedächtnis geblieben. Ich fand seine Erfahrungen aus der Alemannenschule in Wutöschingen inspirierend und ermutigend – ich wünschte, meine eigenen Kinder hätten auf so eine Schule gehen können.

Mittlerweile unterrichte ich selbst auch an einer Berufsfachschule für erzieherische Berufe und dachte, selbstorganisierter Unterricht wäre auch bei uns spannend. Doch wie könnte es gehen? Als ich hörte, Stefan Ruppaner schreibt ein Buch, habe ich dieses sofort vorbestellt. Am Samstag konnte ich es abholen und habe es über das Wochenende gelesen.

Stefan Ruppaner beschreibt seinen Werdegang, seit er 2004 als Direktor der Alemannenschule den Film „Treibhäuser der Zukunft“ von Reinhard Kahl sah. Im Sommer 2024 ging er in den Ruhestand und im Buch blickt er auf 20 Jahre zurück. In dieser Zeit hat sich die Alemannenschule von einer auf der Kippe stehenden Hauptschule zu einer preisgekrönten und bekannten Schule entwickelt, in der es kaum noch „Unterricht“ gibt. Er nennt das „Schmetterlingspädagogik“ – eine Mischung aus selbstorganisiertem Lernen und Lernen durch Erleben.

Das Spannende ist, dass die Schüler:innen im Schnitt bessere Leistungen bei den staatlichen Abschlussprüfungen als andere Schulen erzielen. Stefan Ruppaner sagt, das Wichtigste sei ihm jedoch: „Aus unserer Schule kommen andere Menschen heraus als aus denen, die traditionell geführt werden. Es sind junge Leute, die mit Freude lernen konnten und die sich deshalb hoffentlich gerne an ihre Schulzeit erinnern werden und gestärkt ins Leben gehen. Das ist für mich der eigentliche Erfolg.“ (S. 173)

Stefan Ruppaner nimmt mich mit auf eine Reise voller Herausforderungen. Er erzählt von Rückschlägen und Widerständen, aber auch von tollen Erfahrungen und glücklichen Zufällen. Beim Lesen habe ich oft an meine eigene Schulzeit gedacht, an die Erfahrungen meiner Kinder und auch an meinen heutigen Unterricht, der noch ziemlich traditionell ist. Aber ich glaube, dass wir am Pestalozzi-Seminar an vielen Stellen nah an der Haltung dran sind, die Stefan Ruppaner als Grundpfeiler der Pädagogik sieht: eine gute Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen aufbauen und ihnen etwas zutrauen und Erlebnisräume eröffnen.

Ich finde, das Buch sollte Pflichtlektüre für Lehrer:innen und Bildungspolitiker:innen sein. Denn Stefan Ruppaner zeigt, dass in unserem Bildungssystem mehr möglich ist, als viele denken. Und dass sich etwas ändern muss, darin sind sich doch alle einig, oder?

(Erschienen bei Rowohlt, 18 Euro)

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