„Feste setzen Erinnerungen in Szene“ – Gedanken am 85. Geburtstag meines Vaters

„Feste setzen Erinnerungen in Szene. Erläutere diesen Satz am Beispiel der Geburtstagsfeier!“

So lautete eine der Aufgaben in einer Klausur, die ich heute früh korrigiert habe.

Eine Schülerin schrieb: „Auch wenn meine Eltern schon lange tot sind, stimmt der Satz. Jedes Jahr an ihren Geburtstagen erinnere ich mich bewusst und dankbar an sie. Das ist nicht das Gleiche, als wenn sie noch leben würden, aber es ist doch auch immer eine Art Fest!“

Das stimmt, dachte ich.

Heute wäre mein Vater 85 Jahre alt geworden. Meine Frau und ich sprachen heute früh darüber. Eine Erinnerung stand uns dabei besonders vor Augen.

Die letzten Wochen seines Lebens durfte er in einem Hospiz verbringen. Am Ende waren meine Frau und ich bei ihm, als er schon nicht mehr bei Bewusstsein war. Er wollte offenbar allein sterben. Als wir übermüdet für einige Zeit ins Hotel gingen, bekamen wir nach wenigen Minuten den Anruf.

Als wir zurück im Hospiz waren, hatten wir beide sofort das intensive Gefühl: Er ist nicht mehr da. Da liegt zwar noch sein Körper, aber seine Seele ist fort, an einen anderen Ort.

Dieses Gefühl ist nach wie vor lebendig und ich erinnere mich heute wieder daran, an dem Tag, an dem er Geburtstag hatte: Er ist nicht mehr bei uns, er ist woanders. Und das ist gut so.

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